Ein besonderes Glück ist es, dass der Markt Kaufering durch seinen Bahnhof eine hervorragende Bahnanbindung besitzt und das schon seit 150 Jahren. Unser Bahnhof entstand damals buchstäblich auf der grünen Wiese zwei km westlich des Dorfes, weil nur diese Örtlichkeit ins Konzept der königlichen Eisenbahningenieure für die Kreuzung zweier Bahnlinien passte. Ins Blickfeld der Bahnbauer kam Kaufering zur Zeit von König Ludwig II., als 22 neue Hauptbahnlinien in Bayern geplant wurden. Darunter befand sich auch die München-Memmingen-Linie über Kaufering und Buchloe mit einer Zweigbahn Kaufering - Landsberg. Der Abschnitt Buchloe - Kaufering - Landsberg wurde am 1. November 1872 in Betrieb genommen. Am 1. Mai 1873 folgte der Abschnitt Kaufering - München. Durch die Eröffnung der Lechfeldbahn Kaufering - Bobingen (- Augsburg) am 15. Mai 1877 wurde Kaufering Bahnknotenpunkt. Seither bestehen Bahnverbindungen in alle vier Himmelsrichtungen. Und von Kaufering aus sind München und Augsburg sowie das Allgäu und der Bodensee unmittelbar über die Schiene zu erreichen.
1906 erfolgte der zweigleisige Ausbau der Memmingen-Linie. Dabei erhielt Kaufering die Bahnsteigunterführung und die noch erhaltenen Bahnsteigüberdachungen. Bis zum Beginn des Dritten Reichs war Kaufering ein verschlafener Provinzbahnhof. Bei etwas mehr als 1.000 Einwohnern hatte Kaufering in den 30er Jahren ein eher bescheidenes eigenes Aufkommen an Reisenden und Transportgütern. Aber entsprechend seiner Funktion als Kreuzungspunkt verfügte der Bahnhof über eine vergleichsweise üppige Infrastruktur mit immerhin neun Gleisen, einer Bahnmeisterei sowie einer kleinen Lokbehandlungsanlage für Dampfloks mit Lokschuppen, Wasserhaus und Drehscheibe.
Am Vorabend des Zweiten Weltkriegs begann ein dunkles Kapitel des Bahnhofs, als 1938/39 im Landsberger Frauenwald das Rüstungsunternehmen Dynamit AG (DAG) die Bauarbeiten für eine geheime Munitionsfabrik mit einem Gleisanschluss an den Bahnhof Kaufering aufnahm. Das erforderte die Erweiterung der Abstell- und Rangiermöglichkeiten in Kaufering südlich der bestehenden Gleise, so dass sich bis Kriegsende ihre Gesamtzahl auf 15 erhöhte. Diese Gleisanlagen wurden 1944/45 für ein weiteres Projekt der Nazi-Machthaber genutzt, nämlich für den Bau von drei riesigen Bunkern für die Untertageproduktion des Kampfflugzeugs Me 262 unter dem Decknamen "Ringeltaube". Für den Bunkerbau wurden hauptsächlich jüdische KZ-Häftlingen eingesetzt, die man in Güterzügen aus dem Vernichtungslager Auschwitz nach Kaufering verschleppte und deren Arbeitskraft hier im Rahmen der "Vernichtung durch Arbeit" rücksichtslos ausgebeutet wurde. Ein Mahnmal am Bahnhof Kaufering mit einem alten Güterwaggon G 10 (Einweihung 2009) erinnert an diese tragische Zeit. Nach Ende des Krieges kamen auch Heimatvertriebene und Flüchtlinge in solchen Güterwaggons in Kaufering an.
In den Nachkriegsjahren änderte sich - bis auf die Rationalisierung und Modernisierung der technischen Infrastruktur Ende der 70er Jahre - längere Zeit nichts am Kauferinger Bahnhof, bis dann ab 1996 zur Entlastung der Iglinger Straße die Viktor-Frankl-Straße südlich des Bahnhofs gebaut sowie dort die Park&Ride-Anlage errichtet wurde. Dafür trat die Deutsche Bahn AG die nicht mehr benötigte Teilfläche im Bereich der Gleise 11 bis 15 an die Gemeinde Kaufering ab. 1996/97 liefen auch die Arbeiten für die Verlängerung der Bahnsteigunterführung nach Süden zur Anbindung der neuen Parkplätze an die Bahnsteige. 2003 wurden auch die Gleise 7 bis 10 stillgelegt und die freigewordene Fläche für die Erweiterung der Park&Ride-Anlage verwendet. Von 2018 bis 2020 führte die DB am Bahnhof Kaufering Maßnahmen zur Elektrifizierung der Bahnlinie München-Lindau durch. Der elektrische Betrieb wurde im Dezember 2020 aufgenommen.
Was wäre der Markt Kaufering ohne seinen Bahnhof! Die positive demografische Entwicklung von Kaufering nach dem 2. Weltkrieg ist zu einem beträchtlichen Teil auf seinen Bahnhof zurückzuführen. Besonders wichtig ist der Kauferinger Bahnhof heute für die Pendler, die auf eine umweltfreundliche Verkehrsanbindung Wert legen oder als Fahrschüler auf das Verkehrsmittel Eisenbahn angewiesen sind. An Wochentagen werden am Bahnhof Kaufering rund 7.000 "Ein- und Aussteiger" gezählt. Für Pendler, die ihr Auto am Bahnhof abstellen und mit dem Zug weiterfahren, stehen rund 600 Parkplätze zur Verfügung. Eine Erweiterung des Parkplatzangebots ist geplant, ebenso ein barrierefreier Ausbau der Bahnsteige und der Bahnsteigunterführung, damit zukünftig auch mobilitätseingeschränkte Kunden bequem die Züge erreichen können. Laut DB-AG ist leider nicht vor 2025 mit dem Baubeginn zu rechnen.
Walter Meier
Dieses Fotobuch wurde von Walter Meier gestaltet. Es entstand auf Grundlage eines Bildvortrags, welchen er an der VHS Kaufering am 06.Oktober 2022 hielt und skizziert einen Querschnitt durch 150 Jahre Eisenbahngeschichte von Kaufering seit Eröffnung des Bahnhofs am 01. November 1872.
Interessierte können das Buch gerne in der Bücherei Kaufering, Albert-Schweitzer-Str. 4 ausleihen.
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